Wir übernehmen Verantwortung für unsere Gemeinde!
Erstaunliche Wortbeiträge habe ich in der letzten Hauptausschusssitzung von der SPD gehört: "Man soll sich nicht von Angst treiben lassen."
Ein Gutachten, beauftragt von der Landesregierung, wird als ausreichend dargestellt und begründet mit "Wem, wenn nicht der Landesregierung darf man trauen?"
Ein von einem Partner der Kommunen tätigen Verband beauftragtes Gutachten schenkt man allerdings keine Beachtung und wiegt sich in Rechtssicherheit.
Lassen Sie mich dazu folgendes sagen:
Wären Gesetzte und Erlasse der Regierungen, egal auf welcher Ebene, immer Verfassungskonform, wären unsere Verfassungsgerichte arbeitslos.
Wenn wir also einem Gewerbebetrieb mit einem differenzierten Hebesatz weitere Euros aus dem Kreuz leiern wollten, wie die SPD das gefordert hat, ist das aktuell einfach nicht rechtssicher. Und das bedeutet bei einem Widerspruch oder gar einer Klage eines Betriebes das Aussetzen der Zahlungen. Vor dem Aussetzen der Zahlungen haben wir keine Angst und daher lassen wir uns davon auch nicht treiben.
Der gesunde Menschenverstand sollte aber jedem sagen, dass eine leere Kasse keine gute Kasse ist, um laufende Kosten, Gebühren und Rechnungen zu begleichen.
Daher gebietet es das Verantwortungsbewusstsein eines jeden hier, eine Entscheidung zu treffen, die Schaden von der Gemeinde Kirchlengern abwendet und Kirchlengern handlungsfähig hält.
Wie muss diese Entscheidung lauten?
Bei dem von uns und den Grünen vorgeschlagenem Hebesatz von 588% sieht es wie folgt aus:
3068 Eigentümer zahlen bis zu 250 Euro mehr im Jahr. 489 Eigentümer zahlen bis zu 1000 Euro mehr. 2126 Eigentümer zahlen aber auch deutlich weniger, teils sogar über 1000 Euro. Es gibt hier also Spitzen in beide Richtungen.
In diesen Zahlen sind die Gewerbetreibenden enthalten. Diese würden mit einem, wie von der SPD und der Basis geforderten Hebesatz von 1037% exorbitant mehr belastet. In einer Zeit, in der Großkonzerne tausende von Mitarbeitern entlassen und Produktionsstandorte ins Ausland verlegen. In einer Zeit in der die Zahl der Insolvenzen steil nach oben geht, ist es aus unserer Sicht verantwortungslos, die Betriebe mit weiteren Abgaben zu belasten.
Kirchlengern ist seit vielen Jahren eine wirtschaftlich starke Gemeinde. Die Neuansiedlung und der Erhalt von Betrieben – und das nicht nur im IKO - und auch eine Gewerbesteuer mit Augenmaß haben dazu beigetragen, dass wir heute im Vergleich recht gut dastehen.
Wir sind aber weder das kleine Gallische Dorf in Frankreich, noch die Insel Lummerland, noch liegt Kirchlengern auf einem fernen Planeten. An uns schlittern globale, nationale und kommunale Wirtschaftskrisen nicht vorbei. So zu denken ist blauäugig und hat wenig mit Verantwortungsbewusstsein zu tun.
Was nicht an uns vorbei schlittert, sondern uns mit aller Härte treffen wird, ist folgendes: Der NW war gerade vorgestern zu entnehmen, dass die Zahl der Insolvenzen in NRW um 13% gestiegen ist, während sich die Privat-Insolvenzen verringert haben. In Kirchlengern sieht es noch viel schlimmer aus. Zahlen des Insolvenzportals des zuständigen Gerichts in Bielefeld verdeutlichen:
Im zweiten Halbjahr 2023 waren es drei Insolvenzen, im selben Halbjahr 2024 sind bereits 16 Firmen insolvent. Drastisch deutlicher wird der Jahresvergleich: Im Jahr 2023 hatte Kirchlengern sechs Insolvenzen von Betrieben zu vermelden. In diesem Jahr sind wir kurz vor Jahresende bei 32!
Der Kämmerer hat errechnet, dass uns rund 780.000 Euro fehlen, wenn wir die Hebesätze nicht anpassen. 780.000 Euro Einnahmen sind bei einem Gesamthaushalt von rund 40 Millionen Euro eine ganze Menge Geld. Aus unserer Sicht ist das weder machbar noch vertretbar. Eventuell müssten wir dann sogar unseren Haushalt vom Kreis genehmigen lassen. Wollen wir das? Wir sagen Nein!
Somit wollen wir die 780.000 Euro aufzuteilen. Aufteilen auf die 5727 Grundstückseigentümer in Kirchlengern und auf den Haushalt 2025.
Es gibt bei dieser Entscheidung Gewinner und Verlierer. Uns hat man aufgetragen, dass wir entscheiden, wer Gewinner und wer Verlierer ist. Das ist nicht schön, aber wir müssen diese Kröte heute schlucken. Und ich kann versichern, dass wir diese Entscheidung nicht gerne treffen und wir uns mit einer Entscheidungsfindung sehr schwergetan.
Wir sind davon überzeugt, dass zum heutigen Zeitpunkt für uns keine Entscheidung mit Rechtsunsicherheit getroffen werden darf. Eine exorbitante Mehrbelastung der Betriebe können wir in diesen Zeiten nicht zulassen. Die langfristigen Folgen schaden nicht nur den Betrieben, sondern auch unserer Gemeinde und damit unmittelbar auch unseren Bürgerinnen und Bürgern aus Kirchlengern.
Wir übernehmen Verantwortung für unsere Gemeinde und deren Zukunft. Auch dann, wenn uns Bund und Land im Stich lassen. Das ist unser Job. Daher ist dieser Weg aus unserer Sicht auch der richtige, davon sind wir überzeugt.